Samstag, 3. Oktober 2009

Vollbeschäftigung - Pinnochio wäre wahrscheinlich neidisch

Man hört oft aus dem Munde von Politikern, daß es ihr Ziel sei, Vollbeschäftigung im Land herzustellen. Diese Forderung ist im Kern ehrenwert. Aber ist das überhaupt möglich? Heute möchte ich mit diesem Märchen ein wenig aufräumen. Zunächst sollte die Frage geklärt werden was überhaupt Vollbeschäftigung bedeutet. Dazu einen Auszug aus Wikipedia.

"In der politischen Diskussion wird Vollbeschäftigung meist im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gesehen. Sie wird hier definiert als Nichtüberschreitung eines bestimmten Prozentsatzes der Arbeitslosenquote, z. B. weniger als 2 %. In Regionen mit einem extrem hohen Beschäftigungsgrad können jedoch tatsächlich Arbeitslosenquoten von unter 2 % beobachtet werden (z. B. Südtirol mit einer Arbeitslosenquote von 1,9 %)."


Derzeit haben wir eine offizielle Arbeitslosenquote von 8,0%. Tendenz steigent. Von Vollbeschäftigung kann also weder jetzt noch in der Zukunft die Rede sein. Wie sehr man solchen Statistiken und die damit verbundenen Ableitungen (miß)trauen kann habe ich bereits in meinem Beitrag zu den Arbeitslosenzahlen erklärt.

Die Arbeitslosenzahl beträgt derzeit nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit (Sep. 09) 3.346.000 Menschen. Wenn man also Vollbeschäftigung etablieren wollen würde müsste man die Arbeitslosenquote von derzeit 8% auf 2% reduzieren. Ein kühnes Projekt! In Zahlen würde dies wie folgt aussehen:

8% Arbeitslosenquote = 3.346.000 Menschen
2% Arbeitslosenquote = 0.836.500 Menschen
-----------------------------------------
Benötigte Stellen = 2.509.500

Das diese Zahl mehr als utopisch ist scheint die Regierung jedoch nicht zu stören. Es hört sich gut an und vermittelt, dem vielleicht politischen desinteressierten Bürger, daß man willens ist die Lage zu verbessern. Ob dies jedoch objektiv möglich ist spielt dabei keine Rolle. Darüber hinaus wird auch keine Aussage darüber gemacht wie die Bezahlung dieser Arbeitsplätze aussieht. Somit kann davon ausgegangen werden, daß man die Arbeit weiterhin prakarisieren möchte d.h. Ausweitung der Leiharbeit, der Dumpinglöhne und der Beschäftigungsmaßnahmen wie Ein-Euro-Jobs. Vollbeschäftigung um jeden Preis also. Jüngst hat ver.di diesen Trend auch in ihrer Publikation bestätigt.

Anscheinend ist in Berlin noch nicht durchgedrungen, daß wir im 21. Jahrhundert angekommen sind. Durch den technischen Fortschritt ist es möglich geworden, daß die Anzahl an Waren durch immer weniger Menschen produziert werden können d.h. konkrekt, daß ein immer größer Bevölkerungsteil sprichwörtlich "überflüssig" werden wird. Mit diesen Anstiegt an Automatisierung und Produktivität sind meist Massenentlassungen verbunden. Die jetzige Krise ist vielen Unternehmern ein willkommenner Anlass um seine teure Stammbelegschaft zu entsorgen. Davor warnt auch die OECD in ihrer Publikation. Sofern die Wirtschaft wieder im Gang kommen sollte wird man sich an den viel billigeren Leiharbeitern bedienen und bereichen, weil sie im Vergleich zur Stammbelegschaft sehr viel schlechter entlohnt und nach belieben wieder abgestossen werden können. Diese Mindereinnahmen durch schlechte Entlohnung lähmt den gesamten Staat in seiner finanziellen Flexibilität.

Wie sieht aber die Lage aktuelle in unserem Land aus? Besucht man die Job-Börse der Bundesagentur für Arbeit wird einem stolz mitgeteilt wieviel offene Positionen angeboten werden.

Heute sind es z.B. 415.309 offene Stellen. Auch wenn es sich bei diesen Positionen meist nur um prekäre Karrieren bei Zeitarbeitsfirmen handelt nehme ich sie mit in die Kalkulation ein. Dieser Zahl stehen - wie bereits geschrieben - 3.346.000 Menschen ohne Arbeit sowie das Problem der steigenden Automatisierung und Produktivität gegenüber. Auch wenn man alle Stellen erfolgreich besetzen könnte hätte man weiterhin eine Arbeitslosenzahl von 2.930.691. Man darf sich also berechtigt fragen wie die Regierung die benötigte Arbeit schaffen möchte?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen